Heidemarie Seblatnig














HEIDEMARIE SEBLATNIG | 1988 |
METHAMORPHIC | gemeinsam mit CHRISTOPH ZECHNER | 00:20:00 |


COMPUTERANIMATION

Videostill | © Seblatnik/Zechner

Aus: »Die Reise vom bewegten Bild zum elektronischen Raum – 12 Arbeiten österreichischer Videokünstler«. 1989

In »METAMORPHIC« bilden die drei Säulen des Abendlandes den Ausgangspunkt zur Transformation in eine virtuelle Architektur ohne daß dabei die ursprüngliche architektonische Substanz zerstört wird.
Jean Gebser in »Ursprung und Gegenwart«: »Nirgends läßt sich der Wandel des europäischen Weltgefühls und der europäischen Weltbetrachtung so deutlich ablesen wie an der Malerei und Architektur … Denn in der christlichen Kirchenarchitektur bilden Säulen und Turm mit Gewölbe und Kuppel zum ersten Mal diese Dualität, welche die Trinität ermöglicht, die sich im Sohne als Menschen darstellt, dem Menschen, der sich seinen Raum schaffen wird.«
Die drei Säulen des Abendlandes beruhen auf den drei Personen Gottes.
Bei den riesigen kulturellen Unterschieden innerhalb Europas gibt es keinen anderen gemeinsamen Nenner als das Christentum, und es gäbe so etwas wie Europa nicht ohne diese Drei. Alles und jedes in der Welt beruht auf ihnen. Wenn Europa versuchte das vorzuleben, also ernsthaft Gott nachzufolgen – nur dann war es wirklich Europa. Alles andere waren und sind Defizienzformen, wie der Investiturstreit, die Glaubenskriege, die großen Kriege (30jähriger usw.), der Totalitarismus, der Agnostizismus. Europa ist Kind des Vaters, Schüler Christi, belebt vom Heiligen Geist – oder es ist nicht Europa.

Dieser Videofilm wurde 1988 im Rahmen des Symposions TECHNOSOPHIA
(Idee, Konzept und Realisation Heidemarie Seblatnig) auf die Decke der Akademie der Wissenschaften in Wien innerhalb eines Rokoko-Medaillons endlos projiziert und trat so mit der umgebenden Architektur in Wechselwirkung.

© HEIDEMARIE SEBLATNIG



HEIDEMARIE SEBLATNIG | 2004 |
BAM – DAS ERDBEBEN | 00:05:00 |


DOKUMENTARFILM

Videostill: BAM – Mutter & Kind | © Heidemarie Seblatnik

1. Teil: Film
BAM Ich erwache, um zu beten

Am 26. Dezember 2003 um 5:20 morgens, erschütterte ein Erdbeben der Stärke 6,3 auf der Richterskala die Oasenstadt BAM im Iran. Die 2.250 Jahre alte Burg und die zu ihren Füßen liegende 120.000 Einwohner zählende Stadt wurden zu 70% zerstört. Die Bilanz dieser Naturkatastrophe sind 40.000 Tote, 10.000 Verletzte und 5.000 Waisenkinder. Ein Jahr nach dem schweren Erdbeben besuchten wir die Oasenstadt Bam. Korpoduktion Österreich-Iran, 3sat/ORFDokumentation: 25 minDrehbuch/Regie: Heidemarie SeblatnigProduktion: Cinecraft GmbH WienDrehformat: Digital Betacam© 20042. Teil: Computeranimation im Rahmen der Lehrveranstaltung am Institut für Architekturwissenschaften, Technische Universität WienHeidemarie Seblatnig & Peter FerschinBAMInterdisziplinäre Architekturaufnahmen und didaktische VerfahrensweisenUnsere Welt ist von einer Einheitsarchitektur überzogen. Nicht nur in den Metropolen und Großstädten wird im Stahl-Glasbau-Schema ohne Rücksicht auf die örtlichen und klimatischen Eigenheiten und Bedürfnisse des Landes gebaut, selbst in landschaftlich schützenswerten Zonen wird diese vorgegebene Ästhetik nachvollzogen. Abgesehen von der Ästhetik, über die man geteilter Meinung sein kann, ist es in Gebieten mit harten klimatischen Bedingungen, wie z. B. der Wüste, für die Bewohner eine falsche Strategie mit den Baumaterialien und –prinzipien der globalen Einheitsarchitektur zu bauen.In diesen Zonen bietet sich das Baumaterial an, das sich sozusagen vor der Haustüre befindet. Die Lehmziegelbauweise ist so gesehen die ökonomischste, gesündeste und den klimatischen Bedürfnissen entsprechendste Bauweise. In diesem Sinn entstanden in weiten Gebieten des Iran Dörfer und Städte, die zum Teil noch heute bestehen. Die Menschen schufen ihren Lebensraum nach den Bedürfnissen ihres Stammes, indem sie die klimatischen und geographischen Eigentümlichkeiten sehr wohl bedachten. Die Architektur, die sich durch die sinnvolle Nutzung vorhandenen Materials auszeichnet, passt sich vorzüglich an die Natur an. Die zwei großen Probleme des Bauens in diesen Regionen sind: Schutz vor zu starker Sonneneinstrahlung und Kühlung durch Luftbewegung. Deshalb wurden die Häuser so gebaut, dass Wind und Luft durchziehen konnten. Bei entsprechender Pflege überdauern die Lehmziegelbauten Jahrhunderte. Die Zitadelle von Bam war dafür ein eindrucksvolles Beispiel. Wie wichtig es für Architekten ist sich mit den klimatischen Bedingungen auseinander zusetzen beweisen uns die vielen negativen Beispiele, die ohne Berücksichtigung dieser Richtlinien ausgeführt wurden. In den interdisziplinären architektonischen Übungen »Dynamische Simulation und Visualisierung« bilden diese Überlegungen einen wesentlichen Bestandteil. Den Studierenden werden die Grundzüge der Lehmziegelarchitektur am Beispiel der Zitadelle von Bam mit Hilfe des Computers erfahrbar gemacht. Ihre Kenntnisse der Bauregeln von archäologischen Gebäuden, die durch entsprechende didaktische Maßnahmen intensiviert werden, tragen zu einem klareren Verständnis von Bautraditionen in unterschiedlichen klimatischen Zonen bei, und geben den zukünftigen Architekten einen besseren Zugang zu regionalen Besonderheiten für einen verantwortungsvolleren Umgang im Bereich Planen und Bauen.


Heidemarie Seblatnig

Notizen zum Drehbuchschreiben für den Dokumentarfilm
(aus einem Workshop zum Thema Dokumentarfilm für Produzenten im Iran im November 2005)

Drehbuchschreiben kann man nicht lernen, ist die landläufige Meinung.
Anweisungen dafür zu geben ist in der Tat nicht sehr hilfreich, da sie meist zu subjektiv sind. Das Drehbuch sollte die persönliche Art des Autors wiederspiegeln und die Eindrücke zum Thema des Films sollen die Handschrift des Autors tragen. Doch es gibt auch einige Parameter, die man bei der Entwicklung des Drehbuchs beachten muss.
Eine besondere Stellung nimmt der Dokumentarfilm ein, der sich mit Ländern, Orten oder Personen eines fremden Kulturkreises beschäftigt. Einer Kultur, die sich von der eigenen in Religion, Gesellschaft, Wissenschaft, Kunst, Architektur, Sprache, Ausbildung und Tradition unterscheidet.
In unserer Zeit werden Dokumentarfilme sehr rasch produziert, da für dieses Filmgenre eine große Nachfrage besteht. Die Leute reisen gerne und wollen schnelle und einfache Informationen. Sie sind weder daran interessiert viel über ein fremdes Land zu lernen, noch sich mit Details zu befassen. Es ist in ihrem Interesse, kurze Information in kurzer Zeit zu bekommen. Diese Vorgehensweise beinhaltet die Gefahr der Generalisierung. Zumeist nehmen die Zuschauer vor den TV-Geräten das Gesehene unreflektiert auf: »Ich sah und hörte es, und ich nehme es als Tatsache, ohne über die Reportagen nachzudenken.« Das erhöht die Verantwortung des Drehbuchautors von Dokumentarfilmen.
Bedenkt man, welche Wirkung die Massenmedien in unserer Zeit haben, die Meinungen und Sichtweisen in Sekunden um die Welt transportieren, so kann man erwarten, dass Personen, welche die Verantwortung für die Übermittlung tragen, in Bildung, Korrektheit und moralischen Belangen ein sehr hohes Niveau besitzen, denn falsche Informationen zu verbreiten kann wie eine Bombe wirken und die Argumentation, die daraus abgeleitet wird, ein Land, ein Volk und seine Sitten falsch zu interpretieren, kann schwerwiegende Folgen haben.
Doch wegen der Eile im Erstellen von Dokumentarfilmen ist es nicht mehr üblich die Wurzeln einer fremden Kultur zu studieren. Unsere arrogante und oberflächliche Gesellschaft setzt sich über das Erforschen der kulturellen Grundlagen anderer Kulturen hinweg und hält es für ausreichend die neuen technischen Erfindungen perfekt zu handhaben, ohne zu bedenken, dass eine Person mehr ist als eine Maschine.
Das Ergebnis dieser Art der Vermittlung ist es, dass wir fremde Kulturen nicht verstehen und konsequenterweise keinen Respekt vor anderen Kulturen und Religionen haben. Wenn wir viel über andere Kulturen wissen, werden wir sie respektieren und auf unsere eigene stolz sein.
Daher halte ich es für sehr wichtig, ein Land und seine Bewohner in einer Dokumentation nicht nur von außen zu beurteilen, womöglich noch mit einer vorgefassten Meinung anzureisen und diese Meinung mit dem entsprechenden Filmmaterial zu untermauern, sondern mit den Personen, über die der Film gemacht wird, zu kooperieren und die Vielfalt der Meinungen zu präsentieren.


Filmarbeit in Zusammenarbeit mit verschiedenen Filmteams,
Computeranimation in Zusammenarbeit mit Peter Ferschin






Heidemarie Seblatnig    BIOGRAFISCHE DATEN

Heidemarie Seblatnig

Drehbuchautorin und Regisseurin, geboren in Wien, lebt in Wien und NÖ
Universitätslektorin TU Wien, Institut für Architekturwissenschaften,
Dynamische Simulation und Visualisierung

Studien der Kunstgeschichte und Archäologie an der Universität Wien und Graz
Studium der Malerei und Grafik an der Universität für angewandte Kunst, Wien
1970 Dr. phil.
seit 1988 Computeranimation, Film/Video, Drehbuch, Regie
seit 1995 vorwiegend in Japan, China und den USA tätig
2001 Gastprofessur an der University of Arizona, Tucson, Architektur und Film
1990/91 Stipendium des BMWK
1989 Auslandsstipendium anlässlich Glasgow Kulturhauptstadt Europas
1988 Förderungspreis der Stadt Wien
1986 Stipendium der Stadt Wien

Arbeitsfeld:
Drehbuch, Regie und Kamera künstlerischer Spiel-Dokumentarfilme (Auswahl):
2004 Dokumentarfilm BAM – Ich erwache, um zu beten, Schicksal der Vollwaisen nach dem Erdbeben in BAM Dezember 2003
2003 Recherchen in Mexiko für das Drehbuch für den Spielfilm VILLA GUADALUPE Leben und Wirken des Österreichers
Pater Eusebio Kino S.J. (1645–1711) in Deutsch. Italienisch und Spanisch
2002 ENRIQUE RUHEN SJ, Missionar und Märtyrer in Sonora/Mexico
2002 WIEN – Gesicht einer Stadt (fürs chinesische TV mit Lin Ping als Moderatorin)
2000 What about the Hutongs? (Peking)
1999 The alternative Tokyo Trilogy (Kunstkritik in Tokyo)

Experimentalfilme seit 1988 (Auswahl):
1998 STIEGEN aus sechs europäischen Städten (Wien-London-Ljubljana-Rom-Fiuggi-Odessa)
1997 Schatten der Objekte (Tokyo-Wien)
1995–97 Die Simulierte Stadt (Visualisierung nichtrealisierter Entwürfe von sechs österreichischen Architektinnen)
1993 Lichtarchitektur
1990 Automaten
1989 Velsperg – virtuelle Architektur (Rauminstallation Dominikanerkloster Krems)

Filme in Vorbereitung:
Spielfilm: VILLA GUADALUPE, Leben und Wirken des österreichischen Pater Eusebio Kino SJ in Mexiko (1645–1711)
Publikationen im Bereich Film, Video, Computeranimation und Architektur

Konzept und Leitung von Symposien:
ZEIT, Blau-Gelbe Galerie, Wien 1995
»Innenräume – Außenräume«, Museum moderner Kunst, Palais Liechtenstein, Wien 1991
TECHNOSOPHIA, Akademie der Wissenschaften Wien, 1988


PREISE, FÖRDERUNGEN etc.
1990/91 Stipendium des BMWK
1989 Auslandsstipendium anlässlich Glasgow Kulturhauptstadt Europas
1988 Förderungspreis der Stadt Wien
1986 Stipendium der Stadt Wien



AUSSTELLUNGEN/PROJEKTE [AUSWAHL]
Heidemarie Seblatnig

Die aus Wien/Österreich stammende international tätige Drehbuchautorin und Regisseurin Heidemarie Seblatnig, arbeitet auch als Universitätslektorin für Film und Architektur im Bereich »Dynamische Simulation und Visualisierung« an der Technischen Universität Wien, am Institut für Architekturwissenschaften.

Nach dem Abschluss ihres Studiums der Kunstgeschichte, Archäologie und Malerei mit dem Dr. phil. begann sie ihre Laufbahn mit dem Verfassen von Büchern und Essays über Künstlerinnen und Architektinnen in Österreich, Medienkunst, Raum, Zeit und Licht.

Ihr Interesse an fremden Kulturen führte sie in verschiedene Länder rund um die Erde. Sie schrieb Essays und arbeitete im Bereich des
Experimental- und Dokumentarfilms in Japan über die unterschiedliche Bedeutung von Licht und Schatten in der europäischen und asiatischen Kultur und seine Auswirkungen auf die Stellung von Frauen in den verschiedenen Kulturen.
In China untersuchte sie die Lebensbedingungen der Menschen in den Hutongs, den ältesten Straßen von Peking rund um die Verbotene Stadt, daraus entstand der Film »What about the Hutongs?«
Fürs chinesische TV produzierte sie den Film »WIEN – Gesicht einer Stadt«.
»Stiegen« in sechs europäischen Ländern, ihre Geschichte und ihre Veränderung während der Jahrhunderte war das Thema eines künstlerischen Dokumentarfilms.
2001 war sie Gastprofessorin an der Universität von Arizona, Tucson/USA wo der Dokumentarfilm über das Stadtplanungsprojekt RIO NUEVO entstand.

In Tucson «entdeckte« sie den österreichischen Missionar Pater Eusebio Kino SJ, dessen Statue in der Halle der Nationen in Washington DC steht.
Im Moment arbeitet sie an der Vorbereitung für den Spielfilm über Pater Kino mit dem Titel VILLA GUADALUPE.

In Mexico machte sie den Film über den deutschen Missionar und Märtyrer Enrique Ruhen SJ.

Im Dezember 2004 präsentierte sie im TV den Dokumentarfilm über BAM, der Stadt im Iran, die im Dezember 2003 von einem Erdbeben erschüttert wurde, das 40.000 Menschen das Leben kostete, und 5.000 Kinder zu Vollwaisen machte. Der Film mit dem Titel »BAM – Ich erwache, um zu beten« ist eine Koproduktion von 3sat und ORF.

Im November 2005 hält sie einen Workshop für Produzenten im Iran über Dokumentarfilm und über Architektur am Institut für Architektur der Universität Shiraz im Iran.




Foto: Michael Nistelberger | © Heidemarie Seblatnig


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